Viele Unternehmen wollen ihre Logistikprozesse ressourceneffizient und umweltfreundlich gestalten. Die häufigsten Gründe dafür, sind steigende Energiepreise, Druck von Stakeholdern wie Wettbewerbern, Mitarbeitern oder Kunden sowie politische und gesetzliche Vorgaben. Gemäß dem europäischen Green Deal will Europa bis 2050 vollständig klimaneutral sein. Das Gleiche gilt für die USA, China plant, bis 2060 klimaneutral zu werden. Indien will sich bis 2070 Zeit lassen.
Das klingt leider nicht besonders ambitioniert. Doch die aktuelle Energieknappheit und die Einsicht, dass wir mehr Unabhängigkeit benötigen, könnte die Transformation beschleunigen – nicht aus ökologischen, sondern aus ökonomischen Gründen.
So hat beispielsweise das batteriebetriebene und autonome Containerschiff Yara Birkeland im April 2022 in Norwegen den Betrieb aufgenommen. Das 80 m lange und 15 m breite vollelektrische Schiff hat eine Reichweite von 120 km und kann bis zu 3.200 Tonnen transportieren. Wie der Betreiber berichtet, kann die Yara Birkeland rund 40.000 Lkw-Fahrten pro Jahr einsparen.
Während die E-Mobilität am Boden langsam aber sicher Fortschritte macht, werden Passagiere und Fracht in der Luft wohl noch eine Weile auf nachhaltige Mobilität warten müssen. Im Originaltext gehe ich genauer darauf ein. Für kleine Flugzeuge sind Batterien ein möglicher Ausweg, für etwas größere Flugzeuge könnten Brennstoffzellen Abhilfe schaffen, und für Langstreckenflüge werden synthetische Kraftstoffe aus Wasserstoff oder die direkte Verbrennung von Wasserstoff benötigt. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und der Reduzierung der CO2-Emissionen brauchen wir nicht über den Einsatz von Wasserstoff nachzudenken, wenn wir auch elektrische Antriebe nutzen können.
Aber: Wir verbrauchen derzeit mehr fossile Ressourcen, als die gesamte elektrische Energie der Welt in Wasserstoff umwandeln könnte. Die aktuelle Energieproduktion würde nicht einmal für eine weltweite wasserstoffbasierte Luftfahrt ausreichen. Man kann nicht die überschüssige Energie eines kleineren Systems (Elektrizität) zum Nulltarif nutzen und erwarten, dass man ein viel größeres System (fossile Treibstoffe) damit merklich beeinflussen kann. Wir müssen in ganz anderen Dimensionen denken!
Laut Bundesumweltamt, verbrauchen wir in Deutschland jährlich umgerechnet 637.000 Gigawattstunden (GWh) Energie im Mobilitätssektor, die quasi ausschließlich aus Erdöl gewonnen wird. Diese gigantische Menge kann selbst in ferner Zukunft nicht vollständig durch Wasserstoff ersetzt werden. Die Nationale Wasserstoffstrategie sieht vor, bis 2030 gerade einmal 5 GWh regenerativ herzustellen; bis 2040 sind 10 GWh geplant. Das klingt in meinen Ohren noch nicht nach einer überzeugenden Strategie, selbst wenn immer mehr Menschen mit dem Rad zur Arbeit fahren.
Selbstverständlich kann man argumentieren, dass Deutschland schon immer Energieträger importiert hat und dies bei Wasserstoff so bleiben wird. Also Wasserstoff aus Afrika oder Saudi-Arabien? Dann bleiben die Abhängigkeiten bestehen, über die wir aktuell stöhnen und verschieben die Verantwortung für den Ausbau der regenerativen Energie von uns weg in andere Länder. Unser Plan ist es demnach, klimaneutral zu werden, indem wir klimaneutrale Energie einkaufen. Diese Energie sollen andere Länder für uns produzieren – zu einem günstigen Preis nach unseren ethischen und ökologischen Vorstellungen im Großindustriellen-Maßstab. Ich vermute, da ist der Wunsch, unser eigenes Verhalten nicht ändern zu müssen, Vater des Gedanken, des Planes.
Wir brauchen, wie so oft, eine Multi-Channel-Strategie.
Der Text basiert auf einem Artikel, den ich für All Things Supply Chain auf Englisch geschrieben habe.
Impact of hydrogen on logistics Part 2: Off-Road Transportation